Existenz­gründer im internatio­nalen Vertrags­recht

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Schiffstanker im Hafenbecken

Existenz­gründer im internatio­nalen Vertrags­recht

Die vornehmste Pflicht der/s Existenzgründers/in ist das innovative Element, eher Disruption als Evolution. Ich persönlich glaube, dazu braucht er/sie Freiheit und hat sie verdient. Der finanzielle und regulatorische Rahmen sollte im gesamtwirtschaftlichen Interesse die wirtschaftsliberale Plattform für den Start Up Process abbilden, da der Erfolg dem Gemeinwesen zugute kommt (zB Arbeitsplätze, lokale Investitionen, Gewerbesteuern). Volkswirtschaftlich ist es aus Sicht des Gemeinwesens also nur egoistisch, den Unternehmensgründern/innen jeden nur erdenklichen Erfolg zu wünschen. Erfolg ist aber nur dann legitim und nachhaltig, wenn er auch mit den rechtlichen Rahmenbedingungen konform geht. Gut organisierte Legal Compliance ist conditio sine qua non für den Erfolg. Denn etwa im Datenschutz für Gründer-, Unweltschutz-, Exportkontroll-, Arbeits-, Geistigen Eigentumsrecht etc. werden dem Start Up keine Extrawürste gebraten.

 

Wenn das Start Up international wird – und darauf sollte es in unserer globalisierten Welt regelmäßig von Anfang an designed sein – muss es folglich die Spielregeln des internationalen Vertragsrechts beachten. Missachtung wird mit gravierenden wirtschaftlichen Nachteilen sanktioniert. Eine vorausschauende Gestaltung des rechtlichen Vorgehens ist praktizierte Risikominimierung.

 

Gerade im Bereich des internationalen Handels- und Gesellschaftsrechts ist professionelle Vertragsgestaltung kein Luxus, sondern wird schlichtweg als selbstverständlich vorausgesetzt. Wer die eigenen Landesgrenzen, in denen das vorhandene Gesetzesrecht eventuell noch einen fixen Bezugspunkt setzt, überschreitet, gerät in den Einflussbereich der anglo-amerikanischen Rechtstradition. Dort gilt prinzipiell nur, was im Vertrag selbst niedergelegt ist, was fehlt ist nicht da (four corners rule). Mit der Freiheit festzulegen, was in den vier Ecken des Vertragsdokuments steht, kommt die Verantwortung dafür. Professionelles Verhandeln der Vertragskonditionen ist aber nicht nur ein must, es ist auch faszinierend. Wirtschaftliche, technologische, psychologische, machtpolitische, interkulturelle und last not least rechtliche Parameter sind zu beachten. Es gibt keinen generellen Schutz für junge Unternehmen, man muss von Anfang an professionell auftreten um zu punkten.

 

Dabei ist es durchaus möglich und sinnvoll, auf etablierte Erfahrungen und Regelungsmodelle zurückzugreifen. Wer zB Produkte ins Ausland verkauft, wird ans UN-Kaufrecht denken (CISG), das gute Regeln für den Distanzliefervertrag aufstellt und sich unter Heranziehungen der Bausteine der Incoterms der ICC 2010 betreffend die engeren Lieferkonditionen einen passenden Export-Liefervertrag entwickeln. Wer geistiges Eigentum generiert, zur rechtlichen Gestaltung einen bewährten Lizenzvertrag mit zulässigen Inhalten einsetzen, der kohärent mit der eigenen Schutzrechtspolitik ist (warum sollte ein Lizenznehmer im Ausland für etwas Lizenzgebühren bezahlen, das er frei nutzen kann?). Wer Beziehungen mit einem Handelsvertreter oder Vertragshändler eingeht, sollte unbedingt wissen, was ein Agent oder Distributor Agreement ist. Etc pp. Überhaupt ist Englisch auch im Recht die globale lingua franca.

 

Wer für den worst case keine internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit vereinbart, etwa in Indien oder China, dem ist eh kaum noch zu helfen.

 

Wer etwa deutsches oder amerikanisches (Re)exportkontrollrecht verletzt (EAR ua), dem drohen Geldbußen im bis zu zweistelligen Millionenbereich. Schlecht, wenn man nicht fürchterlich reich ist.

 

Man muss das Rad nicht neu erfinden, aber man muss wissen, worum es geht. Vorangehend wurden Stichworte gegeben, die man ja mal googeln kann. Aber wenn es konkret wird, sollte man professionellen anwaltlichen Rat einholen. Es ist viel viel teuerer, das nicht zu tun, weil es wenn auch nicht immer ausgeschlossen, so doch nicht einfach ist, wegen der grundlegenden Bedeutung guter Verträge im internationalen Bereich im Nachhinein was rauszuverhandeln (warum sollte ein Vertragspartner neu verhandeln, wenn er sich doch nur auf den Vertrag zu berufen braucht?).

 

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Dr. Axel Schober

Rechtsanwalt in Dresden. Promoviert in internationalem Recht. Assistent am Lehrstuhl für IPR und Rechtsvergleichung der Uni Bayreuth, Promotionsstudium in Bordeaux/France, danach Arbeit in Paris. Seit 1997 eigene Kanzlei in Dresden. www.dr-schober.de

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