Venture Capital Methode: Startup-Bewertung im Harvard-Stil

Einstein1 > Tipps + Tutorials  > Startup Know-how  > Venture Capital Methode: Startup-Bewertung im Harvard-Stil
Venture Capital Methode

Venture Capital Methode: Startup-Bewertung im Harvard-Stil

Jedes Startup hat einen Wert. Die Frage ist: welchen? Bei der Ermittlung des Unternehmenswertes von Startups liegen die Meinungen von Gründern und Investoren oftmals weit auseinander. Für die Wertermittlung können dabei verschiedene Methoden angewendet werden. Als einfach und unkompliziert erweist sich die Venture Capital Methode. Wie sie funktioniert und wie du sie richtig anwendest, um dein eigenes Startup zu bewerten, zeigt dir der folgende Beitrag.

 

 

 

Definition und Anwendung der Venture Capital Methode

 

Die Venture Capital Methode, abgekürzt VC-Methode, ist eine Methode zur Ermittlung des Wertes eines Startups vor dem Einstieg eines Venture Capital Investors. Basis für die Ermittlung des Unternehmenswertes ist das Liquiditätsergebnis aus Sicht des Investors beim geplanten Exit.

 

Erstmals beschrieben wurde diese Methode von Professor William A. Sahlman an der Harvard Business School im Jahr 1987. Bei der Venture Capital Methode wird der aktuelle Unternehmenswert vom erwarteten Exiterlös bei einem Verkauf oder Börsengang zurückgerechnet.

 

Der erwartete Erlös ist abhängig von der Rendite, die sich der Investor für die Zeitspanne zwischen dem Einstieg und der Veräußerung erhofft. VC-Investoren streben eine Rendite an, deren Höhe auf der Höhe des Risikos basiert, das sie mit ihrer Investition eingehen.

 

Die VC-Methode berücksichtigt diese erwartete Rendite und verwendet den relevanten Zeitrahmen bei der Diskontierung eines dem Unternehmen zurechenbaren zukünftigen Wertes.

 

Abhängig von der Risikoeinschätzung des Investors beträgt die für diesen Zeitraum erwartete Rendite, die sogenannte Internal Rate of Return (IRR), meist zwischen etwa 25 und 100 %.

Wie wird ein Startup nach diesem VC-Ansatz bewertet?

 

Für die Bewertung eines Startups sind die klassischen Methoden wie das Discounted-Cash-Flow-Verfahren, das Multiplikatoren-Verfahren oder Benchmarking nicht oder nur bedingt geeignet.

 

Insbesondere in den frühen Startup-Phasen, in denen beispielsweise das Proof of Concept noch fehlt oder in den Preseed und Early-Stage Phasen beruht vieles noch auf unbestätigten Annahmen. Bei der Venture Capital Methode wird der Wert ebenfalls auf Grundlage einer Annahme ermittelt.

 

In einem ersten Schritt wird bspw. der Umsatz oder der Gewinn vor Steuern und Zinsen für den Zeitpunkt des Exits in 3, 5 oder 7 Jahren geschätzt, je nachdem, wann der Exit erwartet wird. Daraus kann er Unternehmenswert für den Exit-Zeitpunkt abgeleitet werden.

 

Dazu wird der prognostizierte Umsatz oder Gewinn in Relation zu aktuellen und bekannten Umsätzen von in Größe und Branche vergleichbaren Unternehmen gesetzt. Die Berechnung erfolgt dann anhand eines branchenüblichen Multiplikators für den Umsatz oder den Gewinn.

 

Dieser für das Startup erwartete Wert ist die Grundlage für die nachfolgende, in einem weiteren Schritt durchgeführte Diskontierung. Mit der Diskontierung wird der aktuelle Wert des jungen Unternehmens zum Zeitpunkt der Investition ermittelt.

 

Dazu wird ein Zinssatz verwendet, der in seiner Höhe der Renditeerwartung, das heißt, dem erwarteten ROI des VC Investors entspricht. VC Investoren rechnen bei Startups in einer frühen Phase, beispielsweise bei Early-Stage Investments, wegen des hohen Risikos mit einem ROI von 50 oder mehr Prozent jährlich.

 

Bei Investitionen in späteren Startup-Phasen sinken die erwarteten Renditen aufgrund des im Laufe der Zeit geringer werdenden Investitionsrisikos. Der so ermittelte Pre-Money-Wert dient in einem letzten Schritt dazu, die Anteilshöhe zu bestimmen, die ein VC Investor für sein investiertes Kapital erhält.

 

Dazu wird zunächst das investierte Kapital zum Pre-Money-Wert addiert. Der daraus resultierende Betrag ist der sog. Post-Money-Wert, den das Startup nach Abschluss der Finanzierungsrunde haben wird.

 

Die Höhe des Anteils, den der Investor für sein eingesetztes Kapital erhält, kann durch eine einfache Division des neuen Kapitals durch den Post-Money-Value des Startups berechnet werden.

 

Wie du mit der Venture Capital Methode den Wert deines Startups zum Beispiel mit einer Excel Tabelle ermitteln kannst, zeigen wir dir im folgenden vereinfachten Beispiel.

Vereinfachtes Beispiel einer Unternehmens­bewertung nach der VC-Methode

 

Die wichtigsten Rechengrößen bei der Venture Capital Methode sind der Liquiditätsbedarf des Startups, die Renditeerwartung des Investors und der Zeitraum von der Investition bis zum Exit.

 

Als Beispiel dient ein fiktives Startup aus der Biotech-Branche mit einem aktuellen Liquiditätsbedarf von 2 Millionen Euro. Dieses Startup erwartet in fünf Jahren einen Umsatz von 30 Millionen Euro und einen Gewinn vor Steuern und Zinsen (EBIT) in Höhe von 7,5 Millionen Euro.

 

Der in der Biotech-Branche übliche Multiplikator zur Berechnung des zukünftigen Unternehmenswertes beträgt 3 x den Umsatz oder 12 x den Gewinn vor Steuern und Zinsen.

 

Ein VC Investor erwartet wegen des hohen Investitionsrisikos eine Rendite von 50 % für seine Investition. Der zukünftige Unternehmenswert zum Zeitpunkt des Exits in fünf Jahren wird wie folgt berechnet:

 

EBIT x EBIT-Multiplikator = Exiterlös

=> 7,5 Mio. Euro x 12 = 90 Mio. Euro

 

Diese 90 Millionen Euro sind der prognostizierte Unternehmenswert des Startups zum Zeitpunkt des Exits. Der zukünftiger Wert der Investition des VC-Investor wird wie folgt berechnet:

 

Liquiditätsbedarf x Renditeerwartung des Investors = künftiger Wert der Investition

=> 2 Mio. Euro x 1,5^5 = 15,188 Mio. Euro

 

Der Investor geht demnach davon aus, dass er für seine Investition in Höhe von 2 Millionen Euro nach 5 Jahren einen Betrag von 15,188 Mio. Euro erhalten wird. Anhand dieses Wertes kann der Wert der Investition, das heißt die Höhe der Beteiligung im Verhältnis zum Exiterlös berechnet werden. Die Formel hierfür lautet:

 

(Künftiger Wert der Investition x 100) / Exiterlös = Höhe der Beteiligung des Investors

=> (15,188 Mio. Euro x 100) / 90 Mio. Euro = 16,87 %

 

Die Investition beträgt somit knapp 17 % des zukünftigen erwarteten Unternehmenswertes von 90 Millionen Euro. Die Höhe der Beteiligung dient anschließend zur Berechnung des Post-Money-Wertes. Die Formel hierfür lautet:

 

(Liquiditätsbedarf / Höhe der Beteiligung) x 100 = Post-Money-Value

(2 Mio. Euro / 16,87 %) x 100 = ca. 11,85 Mio. Euro

 

Der Post-Money-Value des Startups beträgt also rund 11,85 Mio Euro. Nach Abzug des Investitionsbetrages von 2 Mio. Euro ergibt sich ein Pre-Money-Value in Höhe von rund 9,8 Millionen Euro.

Welche Vor- und Nachteile bietet der VC Bewertungsansatz?

 

Die Venture Capital Methode hat vor allem den Vorteil, dass sie einfach anzuwenden ist, um den ungefähren Wert deines Unternehmens aus Sicht der VC-Investoren zu bestimmen. Eine einfach Excel-Tabelle reicht für die Berechnungen.

 

Diese Einfachheit ist jedoch mit erheblichen Ungenauigkeiten bei der Wertermittlung verwunden. Du musst als Startup-Inhaber geeignete Vergleichsunternehmen finden, deren Geschäftsmodell, Größe und Risikoprofil mit deinem Unternehmen vergleichbar sind.

 

Ein weiterer Nachteil ist, dass sich die Venture Capital Methode in der Regel nur auf einzelne Kennzahlen wie den Umsatz, den Gewinn vor Steuern oder die Nutzerzahl bezieht. Das bedeutet, die der Berechnung zugrundegelegten Annahmen sind sehr dehnbar.

 

Beispielsweise wirst du als Inhaber sicherlich immer viele Argumente finden können, die für ein rasantes Wachstum deines Startups sprechen. Potenzielle Investoren werden im Gegensatz dazu immer Gründe finden, warum dies nicht der Fall sein wird und warum deine Prognosen zu optimistisch sind.

 

Ein grundlegender Nachteil dieser Methode ist darüber hinaus, dass bspw. der zum Zeitpunkt des Exits geschätzte Umsatz in Relation zu einem aktuellen Vergleichswert eines vergleichbaren Unternehmens gesetzt wird.

 

Das heißt, das Ergebnis der Venture Capital Methode ist in hohem Maße davon abhängig, wie die aktuelle Bewertung von Vergleichsunternehmen ausfällt. Ein weiterer Nachteil ergibt sich aus dem pauschalen Diskontierungssatz, mit dem der zukünftige Unternehmenswert abgezinst wird.

 

Dadurch die pauschale Diskontierung ist es nicht möglich zu differenzieren, wie hoch das tatsächliche Risiko ist. Beispielsweise, dass sich Geschäftsmodell letztendlich nicht durchsetzen wird, oder was für Auswirkungen es haben kann, wenn einer der Gründer das Startup frühzeitig verlässt.

 

Ebenso werden die möglichen Auswirkungen einer nicht vorhersehbaren Konjunkturkrise oder von anderen exogenen Einflüssen wie Pandemien nicht berücksichtigt.

 

 

 

Fazit: Einfach anzuwenden, aber mit Abstrichen in der Genauigkeit

 

Die Venture Capital Methode ist erfreulich einfach anzuwenden. Eine Excel-Tabelle oder ein Blatt Papier, ein Stift und ein Taschenrechner reichen, um mit dieser Methode den Wert deines Startups zu ermitteln.

 

Die Einfachheit ist jedoch mit einigen Unsicherheiten verbunden, die du kennen solltest. Wenn du mit der VC-Methode den Wert deines Unternehmens ermitteln willst, solltest du realistische Werte ansetzen.

 

Mit Sicherheit werden dir VC-Investoren andere, für sie günstigere Zahlen vorlegen. Dann heißt es, den potenziellen Kapitalgeber mit stichhaltigen Argumenten von deiner Version zu überzeugen.

 

In diesem Sinne: Happy Valuating!

Avatar for Niko Emran
Niko Emran

Hi, ich bin Niko. Als Netzwerkmanager im Einstein1 bin ich für das Online Marketing und die Beratung und Betreuung von Gründern und Startups zuständig.

Keine Kommentare

Poste einen Kommentar

Kommentar
Name
Email
Website